Etliche Jahre ist es her; wir waren noch jung und übermütig. Was ihn zu der
blödsinnigen Idee bewegt hatte, seine langjährige Freundin mit in die Kneipe zu nehmen, das wußte er wohl selbst nicht so ganz genau. Und so stand sie nun da, zwischen den bierselig die Weltpolitik und die Bundesliga lautstark
ausdiskutierenden Thekenhängern, die sich an diesem Vormittag zum Frühschoppen in der Dorfkneipe eingefunden hatten.
Sie fühlte sich offensichtlich fehl am Platze - und das war sie offengestanden auch. In diese dörfliche
Thekenrunde paßte sie nun wahrlich nicht. Irgendwann wurde sie des Nichtbeachtet-werdens schließlich überdrüssig und zupfte ihrem Freund am Arm: "Bernd, isch bin auch noch da. Nun unter'aalte Disch auch mal ein bißschen mit
mir!" zerschnitt unüberhörbar ihr französischer Akzent die angeregte, biergestützte Männer-Diskussion über den lieben Gott im Allgemeinen und die Welt im Speziellen.
Wir schauten irritiert zu Bernd und seiner Freundin; die
Diskussion erstarb. Er drehte sich laaaaangsam auf seinem Barhocker zu ihr herum, nestelte mit der ganzen Umständlichkeit eines Angetrunkenen, der versucht nüchtern zu erscheinen, sein Portemonnaie aus der hinteren Hosentasche und
wühlte konzentriert im Kleingeld. Was hatte er vor? Wollte er zahlen und mit ihr heimgehen? Weit gefehlt.
Mit der selbstverständlichen Würde eines frühschoppen-umnebelten Hirns legte er ihr eine 50-Pfennig-Münze auf die offene
Handfläche. Sie schaute ihn genauso verdutzt fragend an, wie wir es auch alle taten. "Was soll isch damit, Bernd?", formulierte sie die Frage, die uns ebenfalls bewegte.
"Das sind 50 Pfennig, Martine!",
erklärte er ihr. "Die kannsu da draußn innie Parkuhr steggn; und dann daaafs Du Dich 30 Minu'n lang mit ihr unnähhalten." Sprachs, drehte sich wieder zur Theke um und setzte unbeirrt die vorherige Diskussion genau da
fort, wo er sie aufgrund ihrer Frage unterbrochen hatte.
Die Beziehung der beiden hat übrigens nicht mehr sehr lange überdauert.